Daniel Göttin

Shift and slope

Jahresaussenprojekt

20.3. —
31.12.2017

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Daniel Göttin, Shift and Slope, Jahresaussenprojekt 2017, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2017, Foto: Serge Hasenböhler

Das Kunsthaus Baselland vergab 2017 das Jahresaussenprojekt an Daniel Göttin. Nach Cloud Atlas von Bianca Pedrina (2014), Run von Kilian Rüthemann (2015) und Anstelle von «Gelb» muss es richtig heissen «Schwarz» von Matthias Huber (2016) wird nun der Basler Künstler Göttin mit Shift and slope (2017) — einem repräsentativen Druck und einer räumlichen Intervention im Aussenraum – dem Kunsthaus Baselland ab Mitte März einen neuen künstlerischen Akzent verleihen. Der grosse Aussenbanner an der Frontseite des Kunsthaus stellt mit seinen 8 x 6 Metern einen Blickfang hin zur Hauptverkehrsader St. Jakob-Strasse dar und strahlt Tag und Nacht in den öffentlichen Raum: Mal dominanter, mal dezenter verzahnt sich das Kunstwerk mit den architektonischen Gegebenheiten und appelliert an die Wahrnehmung der vorübergehenden bzw. -fahrenden Passanten.

Der in Basel lebende und an vielen Orten (Europa, USA, Australien, Mexiko, Japan) tätige Künstler Daniel Göttin beschäftigt sich schon seit über 25 Jahren mit konstruktiv-konzeptionellen Ansätzen und ist bekannt für seine systematisch minimale Herangehensweise im Gestalten von Raum. Mit in der Industrieproduktion angefertigten Elementen — sogenannten Halbfabrikaten, die er von Hand weiterbearbeiten kann — fügt Daniel Göttin einer räumlichen Situation in präzisen Setzungen etwas bei und schafft zusammen mit dem Vorhandenen etwas Neues. Dabei ist die Ausgangssituation für die künstlerische Intervention wesentlich, damit beides als Resultat zusammenspielt. Die Idealsituation ist geschaffen, wenn die neue (Raum-)Situation als selbstverständlich angesehen werden kann. Das auf den ersten Blick einem strengen Reglement folgende, oft orthogonal angeordnete und in einem Modell vorgefertigte System besitzt auf überraschende Weise einen grossen Spielraum. So kann es sein, dass sich eine Form oder Farbe während der Installation vor Ort verändert. «Bei einem Auftrag in Australien war in meinen Raumplänen ein Fenster eingezeichnet, nach welchem ich mein Konzept entwickelte. Als ich dort ankam, waren es plötzlich zwei. Ich fand das inspirierend, muss oft bei der Anwendung vor Ort auf die gegebene Situation reagieren und mein System anpassen.» Das Vorhandene mittels minimaler Eingriffe hervorheben und auch ergänzen sowie das Ungewollte berücksichtigen, sind wichtige Motivationen für den Künstler.

Für sein aktuelles Projekt zeigt Daniel Göttin auf der vorgegebenen Aussenwand des Kunsthaus Baselland überraschenderweise einen Ausschnitt aus einer Fotografie. Darauf zu sehen sind — vor blauem Himmel — mehrere Stahlträger, die als gewaltige Lineaturen aufwarten. Die rostig anmutenden Balken erinnern an die Linien, die Göttin vielfach in seinen ausgeführten Raumkonzepten einsetzt und die auf der zweidimensionalen Fläche einen Raum generieren. Die Verbindung zu seiner nun gezeigten Fotografie ist daher neuartig und sinnfällig zugleich. Fast meint man, als hebe die bildhafte Konstruktion das Dach des Gebäudes an. Beim intensiveren Betrachten des fotografischen Motivs fällt jedoch auf, dass die vertikal und horizontal verlaufenden Linien verschoben und verzogen sind und nicht mit der vorgegebenen, realen Architektur des Kunsthauses interagieren. Die Stahlkonstruktion wird im Verbund mit der dahinter liegenden Architektur zu einer abgebildeten Skulptur — Fremdkörper und integrativ zugleich. Daniel Göttin, von der Minimal Art und von Dada inspiriert, weckt die Neugier der BesucherInnen, schärft ihre Wahrnehmung und fordert dazu heraus, verschiedene Perspektiven einzunehmen.

Es ist aber nicht allein der Aussenbanner, auf den sich Daniel Göttin für sein Jahresprojekt konzentriert hat. In unmittelbarer Nachbarschaft, auf dem Vorplatz des Kunsthaus Baselland, erhält der aufmerksame Flaneur das Gefühl, dass sich einzelne Elemente ganz im Sinne Göttins Betitelung „verschoben“ haben. Bekannt für seine ortsspezifischen Installationen und Interventionen, bei welchen er Kunst und Alltag zusammenklingen lässt, unterzieht der Künstler die zwölf groben, blockhaften Betonbänke vor dem Eingang des Kunsthauses einem seiner minimalen raumplanerischen Konzepte. Für Daniel Göttin jedenfalls ist dies «ein künstlerischer Akt, der schon lange notwendig war».
Text von Patricia Hug

Kurator*in: Patricia Hug, Direktionsassistentin Kunsthaus Baselland