Philipp Gasser

Celestial Bliss

29.1. —
27.3.2011

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Philipp Gasser, Seven Days (rendering the world), 2010, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2011
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Philipp Gasser, Seven Days (rendering the world), 2010, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2011
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Philipp Gasser, Ein Kommen und Gehen, 2010, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2011
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Philipp Gasser, 1000 Teilchen, 2011, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2011
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Philipp Gasser, 1000 Teilchen, 2011, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2011
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Philipp Gasser, Ein Kommen und Gehen, 2010, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2011

Der in Basel lebende Künstler Philipp Gasser (*1958 in Chur) zeigt im Kunsthaus Baselland seine erste institutionelle Einzelausstellung. Der Künstler doziert seit 2001 an der HGK FHNW im Fachbereich «Digitale Medien». Seine Ausstellung im Kunsthaus Baselland trägt den Titel Celestial Bliss, was mit «himmlischer Segen», «himmlisches Vergnügen oder Glück» übersetzt werden kann oder schlichtweg mit «das Glück, das vom Firmament ausgeht». Der Titel evoziert eine mögliche Grundstimmung und einen inhaltlichen roten Faden, der sich durch die Ausstellung zieht.

Seine künstlerische Ausbildung absolvierte Philipp Gasser in Basel und kann mittlerweile auf zahlreiche Beteiligungen an in- und ausländischen Videofestivals und Ausstellungen verweisen. So waren seine Werke u.a. in der Ausstellung Reprocessing Reality in Nyon (2005) und New York (2006) zu sehen oder im Kunstverein Freiburg (2002). Auch erhielt Gasser zahlreiche Reise- bzw. Aufenthaltsstipendien im Ausland.

Beim Betreten der Ausstellung fällt der erste Blick auf ein aus einzelnen Farbausdrucken zusammengeklebtes Poster, das gestalterisch an die 70er-Jahre und an Diskobesuche erinnert. Das Motiv entstammt verschiedenen Preview-Fotos eines Stock-Foto Archivs. Das Bild ist mit Lichtpunkten versehen, die sowohl der Disko- als auch der Sternenwelt zugeordnet werden können.

Die 2-Kanal-Videoarbeit Kommen und Gehen (2010) präsentiert eine Reihe von Figuren, die scheinbar aus der Wand hervortreten und wieder darin verschwinden. Der Künstler zeichnet den Figuren Gesichtszüge seiner Freunde und Bekannten ein. Aus dem Schatten treten die Gestalten in den Raum, stehen für kurze Zeit dem Betrachter gegenüber oder gehen auf ihn zu. Die so entstandene Kommunikation vereint Werk und Rezipient, ein Sog dem sich der Betrachter nicht leicht entziehen kann.

7 days (rendering the world), (2010) ist eine weitere, für die Ausstellung konzipierte Videoinstallation. Die Bezeichnung ‹rendern› umschreibt in der 3D Welt den Vorgang, Oberflächen eine bestimmte Textur zu geben, wie jene eines Tropenholzes oder eines gemaserten Granitsteins. Ein Material wird quasi digital auf ein bestimmtes Objekt appliziert. «Wenn die Zuordnung der Materialien zu den jeweiligen Objekten getätigt ist, gilt es, die Szene zu rendern — d.h. die im virtuell dreidimensionalen Raum gestalteten Objekte werden zu einem Bild gerechnet, wobei Schatten und Licht eine perfekte Realität erzeugen können», so der Künstler in einer Beschreibung seiner Vorgangsweise. Mit dieser Technik als Inspiration konzipiert Philipp Gasser einen animierten, digitalen Erzählstrang, der — projiziert auf eine Styroporkugel — die Entstehung der Welt andeutet: Den von einer Diskokugel zerstreuten Lichtpunkten folgt eine Art Urknall. Dieser gebiert den Mond und die Planeten, woraus sich wiederum die Erdteile zu Kontinenten formieren, um schlussendlich wiederum in eine Diskowelt zu mutieren.

Auch die Arbeit 1000 Teilchen (2010) greift auf Himmelskörper zurück und auf die Idee ihrer Lesbarkeit und Deutung. Auf Stoffbahnen projizierte Sternformationen erinnern an Schriften und an die von uns oft als magisch bezeichneten, überirdischen Botschaften.

In einer Serie von zwölf Tuschzeichnungen Das Vermögen der Unendlichkeit verfolgt der Künstler die Vorstellung dessen, was sich unter den Sternen zugetragen hat oder noch immer zuträgt. Dabei greift er auf einen Bildfundus zurück, der aus seinem persönlichen Foto-Archiv, aus Zeitungen und Zeitschriften ebenso wie aus Büchern stammt. Merkwürdige Szenen aus aller Welt, beispielsweise jene: Zwei Männer aus China beim Versuch — in einem dort gängigen Spiel — sich gegenseitig ins Ohr zu beissen, treffen auf Weltnachrichten oder Alltagsszenarien. So thematisiert eine Zeichnung einen D-Day Gedenktag in der Bretagne, welchem die Staatsoberhäupter Sarkozy, Obama und Brown beiwohnen. Eine andere wiederum schildert den Moment einer Grenzkontrolle in Calais. Der Künstler überzieht die Zeichnungen mit Sternen und stellt die verschiedensten historischen und aktuellen menschlichen Tätigkeiten unter ein Firmament.
Text von Sabine Schaschl

Kurator*in: Sabine Schaschl