Wonderland, it's beautiful

22.1. —
6.3.2005

Die Gruppenausstellung Wonderland, it’s beautiful vereint vier künstlerische Positionen: drei malerische, vertreten durch die Künstlerinnen Lise Blomberg Andersen (*1971, lebt in Kopenhagen), Trine Boesen (*1972, lebt in Kopenhagen) und Julie Nord (*1970, lebt in Kopenhagen) und die installative Position der finnischen Künstlerin Tiina Ketara (*1965, lebt in Paris und Helsinki).

Gemeinsam ist den vier unterschiedlichen Künstlerpositionen die Hinwendung zum Märchenhaften, zum romantisch Verklärten, zum Phantastischen, zu traumartigen Fragmenten, zu Naturschwärmereien und zu mentalen Landschaften, die allesamt von vordergründiger Schönheit sind. Bei genauerer Betrachtung kippt dieses vermeintlich Schöne jedoch immer wieder in etwas Furchterregendes und Gefährliches. Die Werke spielen mit der Evokation psychologisierender Momente: Die angedeuteten Geschichten lösen sich ins Mehrdeutige auf. So beschwören Lise Blomerg Andersens figurative Bilder verschiedene Geschichten, deren angedeutete Narration auf der Stelle zu verharren scheint. Die gemalten Szenen erinnern an Stills, an Szenenausschnitte eines grösseren, nicht erklärten Zusammenhanges. Häufig verwendet die Künstlerin das Motiv des Vogel-Mensch Mischwesens, welches sowohl eine absurd humoristische als auch eine obskure, Angst erzeugende emotionelle Ebene anspricht: Die Vogelfrau steht in der griechischen Mythologie als Übergangshelferin in das Reich der Toten.
Text von Sabine Schaschl

KuratorIn: Sabine Schaschl

Andersen Blomberg Lise G 2005 1
Lise Blomberg Andersen, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2005

Lise Blomberg Andersens figurative Bilder beschwören verschiedene Geschichten, deren angedeutete Narration auf der Stelle zu verharren scheint. Die gemalten Szenen erinnern an Stills, an Szenen-ausschnitte eines grösseren, nicht erklärten Zusammenhanges. Häufig verwendet die Künstlerin das Motiv des Vogel-Mensch Mischwesens, welches sowohl eine absurd humoristische als auch eine obskure, Angst erzeugende emotionelle Ebene anspricht: Die Vogelfrau steht in der griechischen Mythologie als Übergangshelferin in das Reich der Toten.

Boesen Trine G 2005 1
Trine Boesen, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2005

In Trine Boesens Malereien trifft eine grosse Bandbreite von Zeichen und Symbolen aus der Alltagswelt aufeinander, welche die Künstlerin zwischen feinen Linien-geflechten und wahren Farbexplosionen einbettet. Häufig vereint Boesen urbane Elemente und Gebäude mit fragil wirkenden Naturformen. Wie ein DJ sampelt die Künstlerin aus Magazinen, Filmfootages, ihrem persönlichen Fotoalbum und der Alltagswelt. Die Elemente werden collagenhaft zusammen-gefügt, woraus schliesslich das gemalte Motiv entsteht. Die einzelnen Bestandteile des Bildes scheinen wie in parallelen Universen durcheinander zu schweben. Im Kunsthaus Baselland bezieht die Künstlerin den ihre Bilder um-gebenden Raum mit ein. Mit dekorativen, floral wirkenden, direkt auf die Wand aufgetragenen Musterbahnen betont Boesen eine Gesamtinszenierung, die das Collagenartige der Malereien auf die angrenzende Wandfläche ausdehnt

Ketara Tiina G 2005 3
Tiina Ketara, Mark of Blood (Detail), 2002, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2005

Tiina Ketaras neueste Werke sind Hängeskulpturen aus Glas- oder Plastikperlen. Die Künstlerin konstruiert zunächst Modelle potentieller Skulpturen am Computer und bestimmt Grösse und Farbe der einzelnen Motive. Im konkreten Ausstellungsraum realisiert sie die Skulptur mittels von der Decke hängender, auf transparente Nylonfäden aufgefädelten Perlschnüren. Licht, Luft, Farbe und Raum sind ausschlaggebend für das visuelle Ergebnis; ebenso bedeutend wie für ein gemaltes Bild ist auch die kompositionelle Bestimmung von Vorder- und Hintergrund. In Ketaras Werken bringt die Titelgebung eine zweite, von der vordergründigen Schönheit ablenkende Bedeutung ein. In der Installation Mark of Blood wird die subtile dreidimensionale Landschaftsmalerei zu einem Blutstrom, der sowohl eine analytisch wissenschaftliche Modellrekonstruktion von Blutteilchen, als auch ein infektiöses Gebilde umschreiben könnte. Eine sakrale Bedeutung ist vor allem in Werken wie Stairs nachvollziehbar. Die transparenten und in verschiedenen Blau-Nuancen gewählten Perlen bilden eine Treppe, die endlos nach oben zu verlaufen scheint und eine Art ‹Stairway to Heaven› bildet.

Nord Julie G 2005 1
Julie Nord, Afternoon at the fringe, 2004

Julie Nords Tuschezeichnungen und Malereien schildern eine surreale (Märchen) Welt, die den Betrachter nicht mehr loslässt, sobald man sich auf sie eingelassen hat. Ihre Malerei zeigt eine beinahe apokalyptische, endzeitliche Vision auf, in der lieblichen Falter zu etwas Bedrohlichem mutieren oder Schatten wie Vorboten einer dunklen Tat wirken. Lewis Carroll’s Alice in Wonderland und Through the Looking Glass stehen immer wieder Pate, wobei Nord die Geschichten nicht wörtlich illustriert, sondern einzelne Szenen in andere auflöst oder sie überschreibt. Die in manchen Zeichnungen vorkommenden Leerstellen sind vergleichbar mit mentalen Flächen, welche mit persönlichen Gedanken gefüllt werden können. Nords Tuschezeichnungen und Malereien bergen eine Fülle diverser Idiosynkrasien und folgen einer narrationsimmanenten Logik, welche eine Verbindung mit der realen Aussenwelt nur noch über verschiedene, wieder erkennbare Objekte, Tiere und menschliche Figuren ermöglich.